Die Brüder Offenbach
in Paris
Ein vierzehnjähriger Junge an der Hand seines achtzehnjährigen Bruders in einer gigantischen Stadt. Jakob und Julius aus Köln. Es ist Winter, aber die Stadt feiert, als ob Sommer wäre. Man tanzt, man isst, man besäuft sich mit Glück – und weder Jakob noch Julius wissen, wie man in der Sprache dieser Stadt ein Glas Wasser bestellt.
Die Stadt heißt Paris, eine Art Düsseldorf, nur größer und ohne braunes Bier. Paris ist reich, laut und großspurig. Aber die Jungen aus Köln werden sich dort einrichten, sie werden Musiker werden, werden sich Jules und Jacques nennen, Franzosen werden. Jacques wird den Parisern den Soundtrack zu ihrem Lebensgefühl liefern, und er wird bei der Gründung von Opernhäusern und der Errichtung von Spielstätten ein Tempo vorlegen, von dem die Kölner heute nur träumen können.
Die Kabarettistin Tina Teubner, der Cellist Davit Melkonyan und der Pianist und Autor Ben Süverkrüp nähern sich diesem Popstar des 19. Jahrhunderts. Jacques Offenbachs Werke für Violoncello und Klavier werden aufs Engste verwoben mit einer Erzählung über das atemberaubende Leben eines rigorosen Träumers – sowie über seinen Bruder Jules, der dem High-Speed-Nervenbündel Jacques eine geradezu bedingungslose Ehrgeizlosigkeit entgegengesetzt hat.
DAVIT MELKONYAN
Violoncello
als Gast
„Brillant, spannungsgeladen, zierlich elegant.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
Davit Melkonyan,
geboren in Eriwan (Armenien), verkörpert die Violoncello-Tradition des 19. Jahrhunderts wie kaum ein zweiter. Er war 2012 Artist in Residence des Deutschlandfunks, er ist Preisträger des Internationalen Bach-Wettbewerbs ebenso wie des Premio Bucchi (Rom), der der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts gewidmet ist. Zu seinen Förderern gehört Reinhard Goebel ebenso wie Helmut Lachenmann, Walter Levin ebenso wie Christophe Coin. Fundiertes Wissen über die historische Aufführungspraxis verbindet er mit einem höchst inspirierten, virtuosen Spiel, das das Paris Offenbachs hier und heute wieder aufleben lässt.
Jacques Offenbachs Werke für Violoncello und Klavier
Jacques Offenbach ist in Paris mit seinem Cello durch die Salons gezogen und hat für diesen Zweck unzählige zauberhafte Miniaturen komponiert – manche so virtuos, dass die Cellisten-Genarationen nach Offenbach teilweise die Originale gescheut und lieber stark vereinfachte Bearbeitungen gespielt haben. Davit Melkonyan erlaubt sich, die seither vergessenen Originale zum Leben zu erwecken. Daneben erklingen Arrangements jener zwei Offenbach-Melodien, die jede(r) kennt – sowie eine Zeitlupen-Version des berühmten „Cancan“, geschrieben von Offenbachs Landmann Camille Saint-Saëns.
Die Stücke erklingen in enger Verzahnung mit der Erzählung über die beiden ungleichen Brüder, manche erklingen mehrmals, manche nur in Ausschnitten. Hier sind sie in der Reihenfolge ihres ersten Auftretens genannt.
Barcarole aus „Les Contes d’Hoffmann“
hier gesungen von Violoncello und Klavier
Chants du Soir, Nr.4: „La Retraite“
von Jacques Offenbach und seinem Freund Friedrich von Flotow
Chants du Crépuscule, op.29 Nr.6: „Pas Villageois“
der urbanste Bauerntanz, den es je gegeben hat
Introduction et Valse mélancholique op.14
das ultimative Bravourstück für den jungen Virtuosen, hier gespielt von einem jungen Virtuosen
Rêverie au bord de la mer
Besser kann man die Sehnsucht nach dem Meer nicht in Töne fassen!
Carnaval des Animeaux: „Les Tortues“
von Camille Saint-Saëns, eine ironische Verneigung vor dem großen Jacques Offenbach
Chants du crépuscule, op.29 Nr.5: „L’Adieu“
das Glück des Träumers: die Realität vergessen und etwas zu viel Cognac in den Kaffee gießen
Boléro op.22 für Violoncello und Orchester
Davit Melkonyan spielt die Original-Fassung der Cello-Stimme, Ben Süverkrüp versucht sich als Ersatz für das Gürzenich-Orchester
PAUSE
Harmonies des Bois, Nr.2: Les Larmes de Jacqueline
beruht in Wirklichkeit auf einer Ballade von Arsène Houssaye – aber wir widmen es dem unsterblichen traurigen Clown
Jean-Gaspard Debureau.
Chants du Soir, Nr.2: „Souvenir de bal“
noch ein Werk von Offenbach und Flotow
Cancan aus „Orphée aux Enfers“
Arrangement für Violoncello und Klavier
La Course en traîneaux, Étude Caprice
die wiederentdeckte rasante „Version A“ im Original, olympiareif
Deux Âmes au Ciel
auch wenn der Titel es nicht vermuten lässt: das traurigste Stück des Abends
Valse de Zimmer
ein sehr reales Klavierwerk eines sehr irrealen Komponisten
La Ballade du Pâtre
ein „film noir“ für Cello und Klavier